Die angiographische Darstellung der Penisgefäße ist ein invasives, technisch aufwendiges radiologisches Diagnostikverfahren, dessen Anwendung bei rein diagnostischer Fragestellung nicht mehr gerechtfertigt ist. Die ultrasonographischen Verfahren, insbesondere die farbkodierte Duplexsonographie, liefern für den Patienten risikofrei neben morphologischen Aussagen funktionelle Parameter, die aus der Angiographie nicht gewonnen werden können. Trotzdem ergeben sich noch im Rahmen von gutachterlichen Fragestellungen, besonders bei posttraumatischer erektiler Dysfunktion [2] (siehe Kap. 13), aber auch bei Verdacht auf eine Gefäßmissbildung im Beckenbereich als mögliche Ursache einer erektilen Dysfunktion, Indikationen zu dieser Untersuchung. Verschiedene Arbeitsgruppen führen die Angiographie noch vor Revaskularisationsoperationen der Penisgefäße durch, auch dies erscheint nicht zwingend erforderlich, da fast ausschließlich penile Anastomosen durchgeführt werden. Wird eine Dilatation der A. iliaca als Therapieweg ins Auge gefasst, ist die Angiographie unverzichtbar. Unberührt bleibt selbstverständlich die Indikation zur Übersichtsaortographie, wenn Störungen in diesem Bereich vermutet werden, bei denen allerdings die Erektionsstörung nur ein Zusatzsymptom darstellt, wie etwa beim Leriche-Syndrom (chronische Ischämie der unteren Extremitäten vergesellschaftet mit erektiler Dysfunktion). Die Darstellung der A. iliaca ermöglicht zusätzlich die Darstellung der A. epigastrica inferior (Abb. 3.7), deren Intaktheit eine Voraussetzung für eine epigastrikopenile Anastomose ist. Diese Untersuchung ist insbesondere dann zu fordern, wenn der Patient Voroperationen im Unterbauch aufweist, um keine unnötige Epigastrikafreilegung vorzunehmen. Wie für die sonographischen Verfahren gilt auch für die Arteriographie der Penisgefäße, dass sie ohne den Einsatz vasoaktiver Substanzen im Rahmen des SKAT-Tests zur Beurteilung peniler Gefäßveränderungen wertlos ist (Abb. 3.8).
Abb. 3.7. Kräftige A. epigastrica inferior, geeignet für eine epigastrikopenile Anastomose (Pfeil).
Abb. 3.8. Darstellung der rechten A. dorsalis und profunda penis (Normalbefund).
In Rückenlage des Patienten wird nach Punktion der A. femoralis in der Leistenregion, wenn überhaupt notwendig, eine Übersichtsdarstellung der Aortenbifurkation vorgenommen (Seldinger-Technik). Anschließend wird die A. iliaca interna selektiv katheterisiert. Eine schematische Darstellung der penilen arteriellen Versorgung gibt Abb. 3.9 wieder. Zur selektiven Katheterisierung beider Aa. pudendae internae als Endäste der A. iliaca interna ist im Allgemeinen eine Cross-over-Technik notwendig, d. h. die rechte A. pudenda wird von der linken A. femoralis sondiert und umgekehrt (2 Punktionen!).
Abb. 3.9. Schematische Darstellung der Äste der A. iliaca interna. 1, A. dorsalis penis; 2, A. penis profunda; 3, A. bulbaris penis; 4, A. pudenda interna; 5, A. perineal superficialis; 6, A. rectalis interior.
Nach Sondierung der inneren Pudendalarterie wird intrakavernös die vasoaktive Substanz appliziert und deren Wirkung für 5–10 Min. abgewartet, bevor die eigentliche Darstellung der Penisgefäße vorgenommen wird (Abb. 3.8). Die Untersuchung ist in Lokalanästhesie durchführbar, obwohl mit der Periduralanästhesie Vasospasmen eher zu vermeiden sind und dadurch qualitativ bessere Bilder entstehen. Hier wird die Grenze der Zumutbarkeit für den Patienten tangiert. Ist ein operatives Vorgehen geplant, sollten Abgang und Verlauf der A. epigastrica inferior dargestellt werden. Konventionelle Großblattangiographietechnik und digitale Subtraktionsangiographie werden als technische Verfahren eingesetzt, wobei letzteres Verfahren eine geringere Strahlenbelastung aufweist.
Lokale, an der Punktionsstelle potenziell auftretende Komplikationsmöglichkeiten sind: Hämatombildung, Thrombose, Embolie, Gefäßdissektion, Aneurysmabildung, Bildung einer arteriovenösen Fistel, Infektion und Nachblutung aus der Punktionsstelle. Systemische Nebenwirkungen sind in erster Linie durch Kontrastmittelanwendung im Sinne einer Überempfindlichkeitsreaktion bedingt, die bei Anwendung nicht ionischer Kontrastmittel sehr selten geworden sind. Zusätzlich ist die Strahlenbelastung zu beachten, weshalb Patienten mit noch nicht abgeschlossener Familienplanung empfohlen wird, von der Zeugung eines Kindes ein halbes Jahr lang abzusehen [1]. Kontraindikationen der Angiographie stellen eine schwere Kontrastmittelallergie, eine Niereninsuffizienz oder eine Störung der Blutgerinnung dar.
Da bei primärer Impotenz der Verdacht auf eine kongenitale Gefäßmissbildung gestellt werden muss, die eventuell bei einer dopplersonographischen Untersuchung nicht diagnostiziert wird, sollte die Indikation zur Angiographie großzügiger gestellt werden. Als solche Missbildungen wurden Gefäßangiome [3], arteriovenöse Fisteln [4] sowie Hypoplasien beschrieben [1]. Ob einseitige Hypoplasien wirklich die Ursache der Erektionsstörung oder nur ein Zufallsbefund sind, ist im Einzelfall oft schwierig zu entscheiden.
Obwohl hohe Korrelationen zwischen Penisangiographie und Doppler-Sonographie beschrieben wurden, besitzt im penilen Bereich die Doppler-Sonographie die höhere Wertigkeit, so dass hier pathologische Angiographiebefunde kontrolliert werden sollten. Bei sekundärer Impotenz besitzt die Angiographie, insbesondere bei posttraumatischer Erektionsstörung, im Rahmen von Gutachten zur Lokalisation und Ausdehnung der Verletzung noch Bedeutung. Auch traumatische AV-Fisteln sind nur auf diese Weise zu diagnostizieren. Ober die hämodynamische Relevanz beschriebener morphologischer Veränderungen kann jedoch nur anhand der Doppler-Sonographie eine Aussage gemacht werden.
Die Penisangiographie ist ein invasives Untersuchungsverfahren zur Erfassung pathologischer Veränderungen der A. iliaca interna und der Penisgefäße. Im Rahmen des Routinescreenings von Patienten mit erektiler Dysfunktion wurde diese Methode durch die ultraschallgesteuerten Verfahren verdrängt und bleibt wegen des technischen Aufwands und der potenziellen Risiken für den Patienten wenigen ausgewählten Indikationen vorbehalten.
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