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Sexualtherapeutische Praxis bei erektilen Dysfunktionen

Im Folgenden sollen einige praktische Hinweise zum sexualtherapeutischen Vorgehen bei erektilen Dysfunktionen gegeben werden.

Verändern durch Verstehen

Dieses Grundprinzip der Gesprächspsychotherapie [3] kennzeichnet nicht nur einen der mächtigsten Wirkmechanismen psychotherapeutischer Arbeit überhaupt, sondern ist für uns gerade auch in der Behandlung von Erektionsstörungen von eminenter Bedeutung. Zu häufig wird bei erektilen Dysfunktionen therapeutisch gehandelt, ohne dass die Störung in ihrer Ätiopathogenese, ihrer Geschichte, ihren Rahmenbedingungen, vor allem aber in ihrer funktionalen Bedeutung ausreichend verstanden wurde. Diese Tendenz finden wir bei der Anwendung somatischer Therapiemethoden, aber durchaus auch in der Sexualtherapie, wenn viel zu schnell zu einem „Standardvorgehen“ gegriffen wird und zur Unzeit Verhaltensanleitungen gegeben werden.

Der Sog zur therapeutischen Umtriebigkeit entsteht dabei in der Regel durch eine zumeist unreflektierte, stillschweigende Koalition zwischen Patient und seinem (meist ebenfalls männlichen) Behandler, die sich darin einig sind, dass die Störung so rasch wie möglich beseitigt werden muss. Bei den in der Regel mit einer Erektionsstörung verbundenen erheblichen psychischen Belastungen erscheint es beiden in dieser Koalition geradezu absurd und quälerisch, funktionale oder gar positive Aspekte des Erektionsversagens zu betrachten und zu berücksichtigen. Der Handlungszwang, der durch die Existenz effektiver somatischer Methoden ohne Zweifel deutlich zugenommen hat, beraubt sich damit der Chance, die „Botschaft“ der Störung zu verstehen und führt gerade deshalb oft nicht zum Erfolg, zumindest nicht zu einem dauerhaften.

Die hohe Rate von Behandlungsabbrüchen bei allen Therapiemethoden erektiler Dysfunktionen dürfte zu einem Gutteil darauf zurückzuführen sein, dass die stabilisierenden „Haltekräfte“ der Störung nicht verstanden und nicht berücksichtigt wurden.

Vor diesem Hintergrund sollte die Maxime in der Sexualtherapie von Erektionsstörungen lauten: Kein Verändern ohne Verstehen, aber häufig Verändern allein durch Verstehen. Verstehen bedeutet dabei allerdings nicht in einem landläufigen Sinn „Verständnis haben“, sondern kennzeichnet einen mitunter mühseligen und langwierigen Prozess, in dem der Therapeut sich soweit als möglich in den inneren Bezugsrahmen des Patienten einfühlen muss, um die vielfältigen, komplex ineinander greifenden psychosozialen und psychosomatischen Aspekte der Störung zu erkennen. Wird es im therapeutischen Prozess dann dem Patienten möglich, diese Aspekte für sich selbst zu entdecken und zu erfahren, so ist oft bereits ein entscheidender Schritt zur Symptomverbesserung getan. Ist die Störung in diesem Sinne verstanden, dann können andere Behandlungsmethoden — psychotherapeutische wie somatische — gezielt eingesetzt werden. So fallen etwa die sexualtherapeutischen Verhaltensanleitungen und Übungen dann auf einen viel fruchtbareren Boden und rufen deutlich weniger Widerstand beim Patienten hervor.

Funktionale Symptombedeutung

Das Verstehen ist das therapeutische Werkzeug, um die funktionale Symptombedeutung erkennen und berücksichtigen zu können. Obwohl daher beide Punkte nicht voneinander zu trennen sind, soll die funktionale Symptombedeutung wegen ihres enormen Stellenwertes für die Therapiepraxis hier noch einmal gesondert betrachtet werden.

Hinter diesem formal und technisch klingenden Begriff verbirgt sich ein gerade in der Therapie sexueller Störungen höchst bedeutsames und lebendiges Geschehen. Vor allem von den systemischen Therapierichtungen ist die Funktion von psychischen oder psychosomatischen Symptomen für die intrapsychische Balance einerseits und für interpersonale Beziehungen andererseits herausgestellt worden. Nach der Funktion oder dem „Sinn“ eines auf den ersten Blick so störenden, negativen, keine Vorteile mit sich bringenden Symptoms wie der erektilen Dysfunktion zu fragen, ist für viele Ärzte oder Therapeuten ungewohnt, fremd oder gar unsinnig.

Eine kleine Fallvignette soll verdeutlichen, dass eine solche Suchhaltung tatsächlich unverzichtbar ist.

Ein 35-jähriger Patient wird aus der urologischen Sprechstunde zur psychologischen Abklärung angemeldet. Er kommt zum Gespräch ohne Aufforderung gemeinsam mit seiner etwa gleichaltrigen Ehefrau (was sehr selten ist), und es ist für beide selbstverständlich, dass das Gespräch zu dritt stattfindet. Der Patient berichtet, schon seit jeher labil in seiner Erektionsfähigkeit gewesen zu sein. So sei er leicht störbar, und häufiger sei es beim Verkehr zu einem Rückgang der Erektion gekommen. Sehr rasch sei er dann in einen Selbstverstärkungsmechanismus aus Versagensängsten und Vermeidungsverhalten geraten, aus dem er nur mühsam und mit der Hilfe seiner Frau wieder herausgefunden habe. Seit einem Jahr nun hätten sich diese Probleme verstärkt und chronifiziert. Regelmäßig gehe während des Koitus seine Gliedsteife zurück, er könne jedoch mit einiger Anstrengung noch zum Orgasmus kommen. Die während des Vorspiels fast immer entstehende, wenn auch nicht harte und pralle Erektion würde inzwischen von beiden sehr rasch dazu „benutzt“, wenigstens eine gewisse Zeit Geschlechtsverkehr ausüben zu können.

Der Patient erzählt sehr wortreich und scheinbar ohne Hemmungen, überspielt dabei aber merkbar eine Unsicherheit und ein Unbehagen. Die Ehefrau erscheint eher ernst und wortkarg, schildert dann aber sichtlich bewegt und engagiert ihr Erleben. Sie sei für ihre sexuelle Lust zwar nicht allein vom Koitus abhängig, doch habe dieser schon einen wichtigen, gerade auch emotionalen Stellenwert für sie. Sie genieße dabei vor allem das Gefühl des Ausgefülltseins vom steifen Penis ihres Mannes und spüre sofort, wenn dessen Erektion schwächer wird. Obwohl sie das nicht wolle, sei für sie die sexuelle Situation dann schlagartig beendet und sie müsse gegen die Enttäuschung ankämpfen. Inzwischen sei bei beiden schon eine Art „Negativprogrammierung“ eingetreten, ein unverkrampftes Zusammensein sei kaum noch möglich. So, als wolle sie sich selbst „zur Ordnung rufen“, betont sie dann aber nachdrücklich, dass dies alles nicht so schlimm sei, man könne sich ja anders behelfen, und Sexualität sei ja auch nicht das Wichtigste in einer Beziehung.

Im Gespräch wird deutlich, dass das zurückliegende Jahr für den Patienten von erheblichen beruflichen und krankheitsbedingten Belastungen geprägt war. Er habe sich selbstständig gemacht und zuerst gar keine und danach zu viele Aufträge gehabt. Er habe unter ständig wiederkehrenden Sinusitiden gelitten, die in absehbarer Zeit eine Nasenoperation notwendig machen würden. Am schlimmsten sei aber eine sehr schmerzhafte Analfistel gewesen, die schlecht zu behandeln gewesen sei und ihn ein halbes Jahr gequält habe.

Hinzu kommt, dass das Paar in sehr beengten Verhältnissen lebt. Er hat sein „Büro“ im Schlafzimmer, die drei schulpflichtigen Kinder befinden sich direkt nebenan. Daher, so die Ehefrau, sei man fast nie ungestört; Sexualität könne höchstens am späten Abend stattfinden, wo sie dann aber meist zu müde sei. Im Übrigen sei seine sexuelle Appetenz auch deutlich gesunken, und sie wolle ihn nicht mit ihrer Initiative unter Druck setzen.

Beide sind sich darin einig, dass seiner Problematik wahrscheinlich eine organische Ursache zugrunde liegt, vielleicht eine hormonelle Störung oder ein erhöhter venöser Abfluss. Beide betonen auch, dass sie sich durch sein Problem viel näher gekommen seien, sehr viel miteinander gesprochen haben und jetzt auch ohne Schwierigkeiten über Sexualität sprechen können. Die zum Abschluss des Gesprächs ausführlich vorgestellten Therapieoptionen werden von beiden eher verhalten oder ablehnend aufgenommen. Man sei sich einig, nicht „alles“ mitmachen zu wollen.

Nicht immer wird die funktionale Bedeutung einer erektilen Dysfunktion so deutlich wie bei diesem Paar. Die Erektionsstörung hat beide eng zusammengeführt; er konnte sich so in einer für ihn sehr schwierigen und belastenden Zeit ihrer Zuneigung und Loyalität vergewissern. Es scheint eine neue und sehr stabile Balance hergestellt, und der für die Konfliktverarbeitung offenbar typische Ausdruck in körperlichen Symptomen spiegelt sich auch in der somatischen Erklärung der Störung wider, über die sich beide einig sind. Die Veränderungsmotivation erscheint bei den hochgradig ambivalent, die stabilisierende Funktion der Störung dagegen sehr ausgeprägt. Jeder Therapeut, der diese funktionale Konstellation nicht berücksichtigt, wird hier mit hoher Wahrscheinlichkeit Schiffbruch erleiden und am Widerstand des Paares scheitern. Die Kasuistik verdeutlicht, dass die Beziehung von der Störung strukturiert wird und umgekehrt. In vielen Fällen ist das sexuelle Symptom entscheidend an der emotionalen Homöostase des Paares beteiligt, es bestimmt die Machtverhältnisse mit und regelt Nähe und Distanz. LoPiccolo [22] verweist darauf, dass die Bearbeitung der funktionalen Bedeutung der sexuellen Störung vom Therapeuten nicht nur den entsprechenden Durchblick, sondern auch viel Fingerspitzengefühl verlangt. Keinesfalls darf bei dem Patienten oder dem Paar der Eindruck entstehen, der Therapeut meine, die Störung werde irgendwie „absichtlich“ herbeigeführt oder es bestehe ein aktives Interesse, dass die Störung nicht verschwindet.

Nur sehr behutsam und unter Betonung des im Vordergrund stehenden Leidensdrucks können die sekundären Auswirkungen der Störung und die konstruktiven Aspekte der Anpassung an sie thematisiert werden. Ähnlich wie beim „Verändern durch Verstehen“ gilt auch hier: Erst wenn die funktionale Symptombedeutung zumindest in ihren Grundzügen durchschaut, die Störung gleichsam dechiffriert wurde, können Verhaltensanleitungen oder andere therapeutische Interventionen erfolgversprechend eingesetzt werden.

Paardynamik

Die zentrale Bedeutung der Paardynamik in der Sexualtherapie erektiler Dysfunktionen braucht heute, mehr als 25 Jahre nach Masters und Johnson, kaum noch besonders hervorgehoben zu werden. Wenngleich, anders als bei Masters und Johnson, nicht mehr in jedem Fall „das Paar als Patient“ betrachtet wird, ist der Grundansatz der Sexualtherapie ein paardynamischer und das bevorzugte und am ehesten erfolgversprechende Setting die Paartherapie. An vielen erektilen Dysfunktionen sind paarbezogene Aspekte ursächlich beteiligt; zumindest durch ihre sekundären Auswirkungen nimmt aber auch jede Erektionsstörung Einfluss auf die Paardynamik, und zwar nicht nur im sexuellen Bereich. Da paardynamische Aspekte im Beitrag von Langer (s. Kap. 5.2) abgehandelt werden und einige Gesichtspunkte hier bereits angeklungen sind, können wir uns mit einem knappen Abriss begnügen.

Hat der erektionsgestörte Patient eine Partnerin und ist diese bereit, an der Behandlung mitzuwirken, so sollte eine Paartherapie durchgeführt werden. Ausnahmen von dieser Regel gibt es nur bei einigen Patienten mit primärer erektiler Dysfunktion. Primäre psychogene Erektionsstörungen beruhen häufig auf tief verwurzelten Ängsten, einer unsicheren Geschlechtsidentität, traumatischen biographischen Erfahrungen oder stehen im Zusammenhang mit sexuellen Deviationen. Diese Faktoren sind dem Patienten nicht bewusst oder werden vor der Partnerin verborgen. Für die psychisch labilen, nur mühsam seelisch ausbalancierten Männer wäre eine direkte Bearbeitung der Erektionsstörung, die psychodynamisch oft dem Schutz vor schwerwiegenderen psychischen Konflikten dient, im Rahmen einer Paartherapie eine Überforderung. In diesen Fällen raten wir erst zu einer Einzeltherapie, behalten die Ergänzung und Weiterführung der Behandlung durch ein paartherapeutisches Setting aber immer im Blick.

Die Praxis der Paartherapie bei sexuellen Funktionsstörungen wurde an anderer Stelle ausführlich beschrieben [2, 12, 14] und kann hier nicht im Detail dargestellt werden. Wir wollen uns daher auf einige Kernpunkte konzentrieren, die aus der Paardynamik und Paarinteraktion in die Sexualtherapie hinein spielen. Grundsätzlich muss bei jeder therapeutischen Intervention, deren Auswirkung auf die Paardynamik oder, wie Althof [1] und Levine [19] es ausdrücken, das „sexuelle Equilibrium“ des Paares mitbedacht und registriert werden. Ebenso wie die Störung selbst die Paarbalance strukturiert und ihrerseits von dieser geprägt wird, wird jede therapeutische Veränderung dieses sensible und komplexe Gleichgewicht beeinflussen.

Die bewussten und unbewussten Anteile und Interessen beider Partner können zu schwer einschätzbaren, überraschenden Konsequenzen führen, deren deutlichste die Symptomverschiebung von einem Partner auf den anderen ist. Dieses „hot potato syndrome“ [1] kann dann so aussehen, dass die Partnerin, die bis dahin offensiv, drängend, und auf einwandfreien Erektionen bestehend auftrat, bei einer Symptomverbesserung ihres Partners „plötzlich“ ihr sexuelles Begehren verliert. Dieser Prozess kann in den unterschiedlichsten Gestalten auftreten und ist umso stärker, je mehr die Paardynamik von unbewussten Verclinchungen bzw. Kollusionen [31] geprägt ist. Doch auch bei weniger dramatischen Konstellationen gilt der Satz, dass jede Veränderung bei einem Partner eine Veränderung beim anderen Partner bewirkt.

Leiblum u. Rosen [20] haben aus ihren Erfahrungen in der Paartherapie die folgenden 4 Problembereiche der Paardynamik herausgefiltert, die sie regelmäßig mit der Entwicklung und Aufrechterhaltung der Erektionsstörung verknüpft sahen:

  • Status und Dominanz,
  • Intimität und Vertrauen,
  • sexuelle Attraktivität und sexuelles Verlangen,
  • sexuelle Skripts.

Diese Bereiche müssen in der Paartherapie besonders berücksichtigt und bearbeitet werden. Der Begriff „sexuelle Skripts“ geht auf die Arbeit der Soziologen Gagnon u. Simon [4] zurück und bezeichnet die inneren Drehbücher, die unser sexuelles Verhalten und Erleben organisieren und bestimmen. Dieses Konzept ist auch in der therapeutischen Arbeit nützlich, für die Leiblum u. Rosen [20] eine Unterscheidung in die offenen und bewussten Verhaltensskripts und die eher verdeckten, nicht bewussten kognitiven Skripts vorschlagen. Letztere umfassen unsere sexuellen Einstellungen, Leitbilder, Ideale und unser „Phantasiemodell“ von Sexualität. Diese Skripts können in einer Partnerschaft sehr ähnlich, aber auch sehr unterschiedlich sein, was gerade in der Sexualtherapie deutliche Auswirkungen hat.

Die sexuellen Skripts in einer sexuell gestörten Beziehung sind häufig rigide, unflexibel, gleichförmig und lassen nur wenige Befriedigungsmöglichkeiten zu. Oft lässt sich dies an den Einstellungen zu und am Umgang mit sexueller Stimulation ablesen. Das Konzept der inneren sexuellen Drehbücher kann vom Patientenpaar meist gut akzeptiert werden und bietet der Therapie einen fruchtbaren Rahmen, um nach destruktiven, aber auch förderlichen Aspekten der sexuellen Interaktion zu suchen.

Sexualtherapie versus Paartherapie

Die in der Literatur oder in der Weiterbildung häufig aufgeworfene Frage, wann bei einer sexuellen Störung doch eher eine nicht sexualbezogene Paartherapie angezeigt ist, stellt sich in der Praxis tatsächlich nur sehr selten. Der Verfasser erinnert sich in langjähriger Praxis an weniger als eine Handvoll Fälle, in denen allgemeine Paarkonflikte so eindeutig im Vordergrund standen und die sexuelle Problematik praktisch nur einen weiteren (wenn auch hervorragend geeigneten) Schauplatz für die Austragung dieser Konflikte darstellte. In diesen Fällen war ein therapeutischer „Einstieg“ über die sexuelle Störung aufgrund der destruktiven Interaktionen und der völlig polarisierten Positionen der Partner unmöglich, und es wurde zunächst eine Paar-Psychotherapie empfohlen.

In der großen Mehrzahl der Fälle, bei denen sich eine enge, bezüglich ihrer Kausalität nicht mehr entwirrbare Verknüpfung von sexueller Störung und Paarkonflikten vorfindet, ist ein sexualtherapeutischer Ansatz durchaus lohnend. Unsere Erfahrungen stimmen mit denen Vandereyckens [30] überein, dass bei diesen Patienten ein sexualtherapeutischer Zugang sogar erfolgversprechender ist als ein allgemein paartherapeutischer. Folgt man dem hier vorgeschlagenen Vorgehen, bei dem verhaltensmodifizierende Interventionen auf der Basis eines Verstehens des Symptoms und dessen funktionaler Bedeutung gegeben werden, so wird die gezielte Behandlung der sexuellen Störung ohnehin die Paarkonflikte nicht ausblenden können, wird diese aber oft durch die Verbesserung der sexuellen Interaktion günstig beeinflussen.

Verhaltensanleitungen und Übungen

Nach den oben beschriebenen Leitlinien gibt es kein psychotherapeutisches Verändern ohne Verstehen, doch andererseits ist gerade bei sexuellen Funktionsstörungen wie erektilen Dysfunktionen dies allein nicht ausreichend. Um die Problematik wirkungsvoll zu verbessern, verfügt die Sexualtherapie über ein erprobtes Repertoire an erfahrungsorientierten, verhaltensmodifikatorischen Komponenten, die gleichsam ihr zweites Standbein bilden. Diese „Übungen“, die in therapeutisch angeleiteten und strukturierten sinnlich-sexuellen Erfahrungen bestehen, werden heute meist nicht mehr als zeitlich und inhaltlich fest geschnürtes Standardpaket eingesetzt, sondern jeweils individuell bezüglich des Zeitpunktes ihres Einsatzes und ihrer therapeutischen Zielrichtung ausgewählt.

Während die Verhaltensanleitungen in der Anfangszeit der Sexualtherapie hauptsächlich als Mittel zum Abbau von Versagensängsten und Aufbau sexueller Fertigkeiten gesehen wurden, hat man später im Zuge einer erweiterten „Techniktheorie“ der Sexualtherapie erkannt, dass das Funktionsspektrum der Übungen viel breiter ist und quasi den Rahmen für eine Fülle verschiedener psychotherapeutischer Intentionen abgeben kann [21,29]. Im Kontext der Behandlung erektiler Dysfunktionen benennt Althof [1] die folgenden Ziele und Effekte der Übungen:

  • Versagensängste bewältigen,
  • Diagnose und Klärung der zugrundeliegenden Dynamik unterstützen,
  • das vorliegende destruktive sexuelle System verändern,
  • jeden Partner mit seinen Widerständen konfrontieren,
  • die Angst des Paares vor körperlicher Intimität mildern,
  • Mythen korrigieren und die Patienten bezüglich sexueller Funktion und Anatomie „aufklären“,
  • einem negativen Körperbild entgegensteuern,
  • die Sensualität erhöhen.

In der eigenen Praxis werden die Verhaltensanleitungen primär zur Erreichung von 2 Hauptzielen der Therapie eingesetzt:

  1. Reduzierung von Ängsten und negativen Kognitionen,
  2. Maximierung sexueller Erregung.

Im Zuge der Erfahrungen, die der Patient mit den Übungen macht, können mangelnde sexuelle Fertigkeiten, verzerrte Vorstellungen, rigide Verhaltensskripts, ungünstige Paarinteraktionen, negative Erwartungen, innere Monologe und andere Dinge aufgedeckt, korrigiert und modifiziert werden. In der Therapie der Erektionsstörung werden zumeist die Sensualitätsübungen („sensate focus“) und das absichtliche Zurückgehenlassen der Erektion eingesetzt. Die Sensate-focus-Übungen sollen von Versagensangst und Leistungsdruck entlasten, eingefahrene destruktive Interaktionszirkel unterbrechen und einen neuen Zugang zu körperlich-sinnlicher Erfahrung und (im zweiten Schritt) sexueller Erregung ermöglichen. Das Zurückgehenlassen der Erektion soll den Patienten bewusst erleben lassen, dass Erektionen „nichts weiter“ als die genitalphysiologische Manifestation sexueller Erregung sind, die sich einstellen, wenn die Rahmenbedingungen erfüllt sind und die sexuelle Stimulation ausreichend ist — natürlich unter der Voraussetzung, dass keine signifikanten organischen Faktoren dies unmöglich machen.

Die Erfahrung, dass Erektionen unter diesen Bedingungen kommen, bei einem Stopp der Stimulation zurückgehen und bei einer erneuten Stimulation wiederkehren können, ist für beide Partner oft sehr wichtig, da sich im Gefolge einer Erektionsstörung oft ein destruktives Verhaltensmuster einstellt, bei dem — mit erheblicher Verkrampfung und mehr vom Willen als von der Lust inspiriert — jede sich noch einstellende Erektion sofort „ausgenutzt“ wird. Die Übungen können hier zu einem neuen Vertrauen in die sexuelle Funktion und vor allem in die aktive Steuerung durch den Mann und seine Partnerin führen.

Eine weitere wichtige Erfahrung, die den Patienten anhand der Übungen verdeutlicht werden kann, ist die Notwendigkeit, „egoistisch“ zu sein, d. h., sich neben der Befriedigung der Partnerin auch — und zeitweise sogar überwiegend — der eigenen Erregung und Lust zuzuwenden. Dabei geht es mitnichten um eine Rückkehr zur alten „Machoseligkeit“, die nur die eigene Befriedigung im Auge hatte, sondern um die Korrektur eines Verhaltens, das wir bei einer großen Zahl von Patienten vorfinden und das möglicherweise mit der Entstehung der Störung assoziiert ist, zumeist aber in deren Gefolge zu seiner vollen Ausprägung gekommen ist. Durch die eigene sexuelle Problematik gerät der Mann immer mehr in die Defensive und kompensiert dies, indem er sich mehr und mehr auf die Befriedigung der Partnerin konzentriert, die das meist aber nur eingeschränkt genießen kann, da sie spürt, dass es sich um ein reaktives Verhalten handelt.

Zilbergeld [32] betont nachdrücklich die Bedeutung, die das Erfüllen der individuellen sexuellen Rahmenbedingungen für jeden Mann haben und verweist darauf, dass viele Männer Schwierigkeiten damit haben, ihre Wünsche in persönliche Beziehungen einzubringen und zu erfüllen. Im Zuge einer erektilen Dysfunktion werden die Rahmenbedingungen zunehmend weniger erfüllt, woran die skizzierte Konzentration auf die Befriedigung der Partnerin einen nicht unerheblichen Anteil hat. In der Therapie müssen die notwendigen Rahmenbedingungen erkundet werden, und es muss erprobt werden, wie sie konkret in der sexuellen Situation realisiert werden können. Dabei wird der Patient angeleitet, auf sein eigenes Empfinden zu achten und zu registrieren, wann z. B. Ängste, negative Gedanken oder Ablenkungen auftreten. „Egoistisch“ sein in diesem Sinn bedeutet auch, die Verantwortung für die eigene Erregung zu übernehmen und diese mit der Hilfe der Partnerin zu optimieren.

Grenzen und Probleme der Übungen

Nach einer anfänglich euphorischen Phase in ihrer Frühzeit ist die Sexualtherapie seit den 80er-Jahren viel bescheidener geworden, was gerade auch die Effektivität und universelle Einsetzbarkeit der Übungen betrifft. Die sexuellen Störungen scheinen insgesamt komplexer geworden zu sein und bei den sehr häufigen Appetenzproblemen lassen sich die Übungen oft gar nicht einsetzen.

Doch auch bei den Erektionsstörungen gibt es einige Punkte zu beachten, auf die insbesondere LoPiccolo [22] hinweist. Er hat bei seinen erektionsgestörten Patienten gerade bei den Sensualitätsübungen die Erfahrung gemacht, dass es zu paradoxen Reaktionen im Sinne einer „Meta-Versagensangst“ kommen kann, wenn die Patienten in einer entspannten, sinnlichen, erotischen Situation, wo sich doch „eigentlich“ eine Erektion einstellen müsste, in Selbstbeobachtung und Erwartungsdruck geraten. Die wirkliche Intention dieser Übungen wird so ins Gegenteil gekehrt, was demoralisierend wirken und sehr ungünstige Langzeitauswirkungen haben kann.

Ein zweiter Grund, der die Anwendung der Übungen bei erektilen Dysfunktionen problematisch machen kann, ist die in der Praxis (auch in der sexualtherapeutischen) so häufig vorkommende Kombination von psychischen und somatischen Verursachungsfaktoren. Bei diesen oft älteren Männern reicht es nicht aus, mit Hilfe der Übungen Ängste zu reduzieren und eine entspannte Situation zu schaffen, da es durch den Wegfall der hemmenden Faktoren allein nicht zu einer Erektion kommt. Vielmehr muss diesen Männern vermittelt werden, dass sie gezielte, direkte genitale Stimulation benötigen und wie sie diese bekommen können. Dazu bedarf es häufig erheblicher Einstellungsänderungen, da dies gerade bei Männern, die zeitlebens ein quasi „automatisches“ Funktionieren gewohnt waren, im eigenen sexuellen Verhaltensmuster (und dem der Partnerinnen) nicht vorgesehen ist. Ein wichtiger therapeutischer Schritt ist der Aufbau und Ausbau von gegenseitigen Stimulationstechniken, die auch ohne einen steifen Penis Erregung und Befriedigung bringen können. Die Akzeptanz solcher Techniken, und zwar als Ergänzung, nicht als Ersatz oder Notbehelf, ist nach unserer Erfahrung ein bedeutsamer Prädiktor für einen Therapieerfolg.

Angesichts der beschriebenen Grenzen und Probleme der Verhaltensanleitungen und Übungen plädieren verschiedene Autoren für eine stärkere Berücksichtigung kognitiver Aspekte und Techniken in der Sexualtherapie [27, 32]. Rosen et al. führen eine Reihe „kognitiver Irrtümer“ auf, die sie bei erektionsgestörten Patienten oft vorgefunden haben [27], die u. E. aber nichts Neues bringen und in der sexualtherapeutischen Praxis seit Langem bekannt sind. Wir haben darauf hingewiesen, dass es in jeder Therapie darum geht, die innere Welt, das innere Erleben des Patienten inklusive seiner „Skripts“ zu erfassen. Dazu gehören natürlich auch die Kognitionen, die aber mit Emotionen und Affekten so eng verknüpft sind, dass eine isolierte Betrachtung wenig sinnvoll erscheint. Ähnlich wie Althof [1] halten wir die emotionalen und Beziehungsfaktoren im Zweifelsfall für ätiopathogenetisch und therapeutisch bedeutsamer.

Nützlicher erscheint uns ein anderer Hinweis von Rosen et al. [27], in dem die Bedeutung eines „Rückfall-Vermeidung-Trainings“ im Rahmen der Sexualtherapie betont wird. Im Sinne eines Selbstmanagementansatzes [11] sollten dem Patienten Mechanismen vermittelt werden, mit deren Hilfe er selbst es schaffen kann, sich vor einem Rückfall in destruktive Verhaltensweisen und Ängste zu bewahren. Mit diesem interessanten Ansatz sollten in der Zukunft weitere, systematische Erfahrungen gemacht werden.

Kombination mit somatischen Therapiemethoden

Die Kombination sexualtherapeutischen Vorgehens mit somatischen Therapieoptionen entspricht dem psychosomatischen Charakter erektiler Dysfunktionen, dürfte in vielen Fällen weniger invasive somatische Interventionen notwendig machen, könnte die Sexualtherapie verkürzen und die Prognose aller Behandlungsansätze verbessern — und wird in der Praxis doch kaum angewendet. Wir haben seit etlichen Jahren auf die Möglichkeiten und die Notwendigkeit eines kombinierten Vorgehens hingewiesen, entsprechende Ansätze in der Praxis erprobt und über unsere Ergebnisse und Erfahrungen berichtet [8, 15, 16, 18]. Die Gründe dafür, dass kombinierte Ansätze auch international ein Schattendasein fristen [28], sind vielfältig und offenbar nur schwer zu verändern. Da eine ausführlichere Darstellung den hier vorgegebenen Rahmen übersteigen würde, sei der Leser, der sich für Möglichkeiten und Probleme eines integrativen Ansatzes interessiert, auf die angegebenen Publikationen verwiesen.

An dieser Stelle wollen wir uns auf einige Aspekte beschränken, die aus der Perspektive der Sexualtherapie von praktischer Bedeutung sind. Bei aller Kritik an einer vorschnellen und unüberlegten Anwendung der in der Mehrzahl invasiven somatischen Methoden haben wir immer auch für eine Prüfung der Möglichkeiten dieser Behandlungsoptionen im Hinblick auf eine integrative Therapie plädiert [6-8]. Im Rahmen unserer gemeinsamen urologisch-psychologischen Sprechstunde besteht die Aufgabe meist darin, den Patienten, die in der Mehrzahl von einer körperlichen Verursachung ihrer Problematik überzeugt sind, psychische oder paarbezogene Gesichtspunkte nahezubringen und sie von den Chancen einer Sexualberatung oder Sexualtherapie zu überzeugen. Dies gelingt nur oder doch sehr viel besser, wenn der Sexualberater bzw. Sexualtherapeut über die Vor- und Nachteile der medizinischen Behandlungsoptionen gut informiert ist, diese mit dem Patienten erörtert und seine Bereitschaft signalisiert, bestimmte Methoden — wenn die Untersuchungsbefunde es sinnvoll erscheinen lassen und der Patient es wünscht — zu erproben.

Kann der Therapeut dem Patienten vermitteln, dass es nicht darum geht, ihm bestimmte somatische Optionen wie die Selbstinjektionen „vorzuenthalten“, sondern dass er deren Möglichkeiten und Grenzen gerade auch im Hinblick auf die Paarbeziehung gemeinsam ausloten möchte, dann gelingt vielfach der Aufbau eines tragfähigen Arbeitsbündnisses, das auch die Bearbeitung psychischer und partnerschaftlicher Probleme ermöglicht. Der Sexualtherapeut kann so mit einem integrativen Vorgehen Patienten „erreichen“, die er mit einem rein psychotherapeutischen Ansatz nicht erreichen würde, was im übrigen keineswegs mit einer Verleugnung der psychotherapeutischen Identität und der Hauptziele der Sexualtherapie zu verwechseln ist. Viele Patienten, mit denen wir zum Teil intensiv und langfristig psychotherapeutisch gearbeitet haben, kamen quasi auf der „somatischen Schiene“ zu uns und waren für psychologische Aspekte erst zu gewinnen, nachdem sie gründlich somatisch untersucht worden waren, alle medizinischen Optionen genau besprochen wurden und sie vielleicht sogar die Schwellkörperinjektionen einmal ausprobiert hatten.

Wir haben darauf hingewiesen, dass wir es für ein legitimes und selbstverständliches Therapieprinzip halten, dass der Therapeut sich zunächst mit den Zielen des Patienten verbünden und seinen initialen Bezugsrahmen akzeptieren muss, um eine tragfähige Beziehung aufzubauen [8]. Erst dadurch öffnet sich oftmals die Aufnahmebereitschaft des Patienten für therapeutische Interventionen, die die ursprünglichen Ziele und Vorstellungen dann modifizieren können. Weder die Sexualtherapie noch die somatischen Therapien sollten den Patienten in das Prokrustesbett ihrer Erklärungsmodelle und Vorgehensweisen pressen, sondern in einem „joint venture“, in einem gemeinsamen und offenen Kurs, wie auch Lue [23] es mit seinem „Patient's goal directed approach“ versucht, eine Verbesserung der Problematik anstreben.

Prognostische Faktoren und Effektivität der Sexualtherapie

Wir wollen abschließend einen kurzen Blick auf die vorhandenen Daten zur Effizienz der Sexualtherapie und zu den prognostischen Kriterien werfen. Entgegen der in der Literatur [z. B. 26] mitunter vertretenen Ansicht, dass keine verlässlichen Kontrollstudien zur Sexualtherapie vorliegen, verfügen wir sehr wohl über eine Reihe von Untersuchungen, in denen Effizienz und prognostische Kriterien dieses Ansatzes unter die Lupe genommen wurden.

In der Pionierarbeit von Masters und Johnson selbst lagen die Erfolgsquoten bei 69 % für sekundäre und bei 59 % für primäre Erektionsstörungen [24]. Die Resultate der großen Hamburger Untersuchung zur Sexualtherapie, die in der zweiten Hälfte der 70er Jahre durchgeführt wurde, sind bei den erektilen Dysfunktionen mit 79 % signifikanten Verbesserungen ebenfalls sehr gut und nach Therapieende relativ stabil [2]. In einer Untersuchung von Hawton u. Catalan [9] lag die Erfolgsquote bei 68 % und war ebenfalls katamnestisch recht stabil und in einer weiteren Studie von Hawton et al. [10] an 36 Paaren war die Besserungsquote mit 69 % sehr ähnlich und lag 3 Monate nach Therapieende noch bei 56 %, wobei allerdings nicht alle Paare nachverfolgt werden konnten.

Gerade der Brite Hawton hat mit seinen methodisch anspruchsvollen Studien wichtige Ergebnisse zur Effektivität und zu den Prognosekriterien der Sexualtherapie geliefert. Aus seinen statistischen Auswertungen ergaben sich die folgenden prognostischen Faktoren für einen Therapieerfolg:

  • der sozioökonomische Status,
  • die Qualität der Paarbeziehung,
  • das sexuelle Interesse der Partnerin,
  • eine frühe Mitarbeit an der Therapie.

Die Erfolgsaussichten für das klassische sexualtherapeutische Vorgehen sind demnach am günstigsten bei einem höheren sozioökonomischen Status, bei einer basal guten und tragfähigen Partnerbeziehung, wenn bei der Frau ein eigenmotiviertes sexuelles Interesse vorhanden ist und es beiden Partnern möglich ist, sich frühzeitig (nach 4–5 Sitzungen) auf den therapeutischen Prozess einzulassen.

Diese Kriterien stimmen mit unseren eigenen Erfahrungen recht gut überein und sind im Übrigen den Faktoren, die wir bei der Anwendung somatischer Therapieverfahren errechnet haben [7], nicht unähnlich. Festzuhalten bleibt, dass — auch nach der Übersichtsarbeit von Mohr u. Beutler [25] — ca. 2 Drittel der sexualtherapeutisch behandelten erektionsgestörten Männer signifikante Verbesserungen der Symptomatik am Therapieende zeigen, die katamnestisch zumindest in einem mittleren Zeitraum (bis zu einem Jahr) recht stabil sind. Bemerkenswert ist dabei noch, dass die Sexualtherapie die sexuelle Zufriedenheit langfristig zu verbessern scheint, selbst wenn die sexuelle Funktionsfähigkeit sich wieder leicht verschlechtert. Dies mag darauf hindeuten, dass es der Sexualtherapie gelingt, sexuelle Verhaltensmuster und Skripts dauerhaft zu verändern und so vielleicht in einer Reihe von Fällen einen Rückfall zu vermeiden.

Auch in der großen Psychotherapieevaluation von Grawe et al. [5] wird der Sexualtherapie eine recht gute, aber ausgesprochen differenzielle Wirksamkeit bescheinigt. Dies korrespondiert mit den beschriebenen Prognosekriterien und zeigt, dass die Sexualtherapie bei einem Teil der Patienten sehr gute, bei einem anderen Teil aber nur unbefriedigende Effekte hat.

Für die Praxis der Sexualtherapie folgt daraus, dass es zukünftig darum gehen wird, auf der Basis des bewährten und effektiven Vorgehens flexibel und unvoreingenommen Strategien für die bislang nur schwer erreichbaren Patienten zu entwickeln. Gerade für diese älteren Patienten, bei denen somatische Störungsursachen die erektile Dysfunktion mitbestimmen und das sexualtherapeutische Vorgehen komplizieren, dürfte eine weitere Erprobung integrativer Ansätze sehr lohnend sein.

Ein regelrechter Therapieleitfaden würde jedoch den gegebenen Rahmen deutlich sprengen und dürfte angesichts der Unterschiedlichkeit und Individualität der Patienten und ihrer Störungsbilder auch kaum zu erstellen sein. Es kann daher nur das Ziel sein, einige Punkte, die wir für besonders bedeutsam oder auch problematisch halten, hervorzuheben und zu illustrieren. Dabei stützen wir uns vorwiegend auf die eigenen, langjährigen Erfahrungen. Viele Anregungen verdanken wir aber auch den exzellenten Beiträgen von Althof [1], LoPiccolo [22] und Rosen et al. [27]. Dem Leser, der sich umfassender und systematischer informieren möchte, möchten wir auf die Bücher von Kaplan [14] und Arentewicz u. Schmidt [2] zur Sexualtherapie im Allgemeinen sowie von Langer u. Hartmann [18] zum Vorgehen bei Erektionsstörungen im Speziellen hinweisen.

Es spricht also viel dafür, in der Sexualtherapie erektiler Dysfunktion nicht in einen raschen Aktionismus zu verfallen, der zwar kurzfristig Patient und Therapeut entlasten kann, da etwas zu „passieren“ scheint, langfristig aber fast immer kontraproduktiv ist.

Literatur

  1. Althof SE (1989) Psychogenic impotence: treatment of men and couples. In: Leiblum SR, Rosen Re (eds) Principles and practice of sex therapy: Update for the 1990's. Guilford, NewYork 44 KAPITEL 2 Therapieoptionen
  2. Arentewicz G; Schmidt G (Hrsg) (1993) Sexuell gestörte Beziehungen
  3. Aufl. Enke, Stuttgart 3. Biermann-Ratjen EM, Eckert J, Schwartz HJ (1979) Gesprächspsychotherapie. Kohlhammer, Stuttgart
  4. Gagon JH, Simon W (1973) Sexual conduct. Aldine, Chicago
  5. Grawe K et al. (1993) Psychotherapie im Wandel. Hogrefe, Göttingen
  6. Hartmann U (1992) Quo vadis, Sexualtherapie? Die Medizinalisierung sexueller Störungen und ihre Konsequenzen. In: ProFamilia (Hrsg) Zwischen Lust und Unlust: Unsicherheiten mit dem Sexuellen. ProFamilia, Frankfurt IM
  7. Hartmann U (1994) Diagnostik und Therapie der erektilen Dysfunktion. Theoretische Grundlagen und Praxisempfehlungen aus einer multidisziplinären Spezialsprechstunde. Lang, Frankfurt IM
  8. Hartmann U (1995) Die kombinierte psychosomatische Behandlung erektiler Dysfunktionen. Psycho 21: 651–657
  9. Hawton K, Catalan J (1986) Prognostic factors in sex therapy. Behav Res Ther 24: 377–385
  10. Hawton K, Catalan J, Fagg J (1992) Sex therapy for erectile dysfunction: characteristics of couples, treatment outcome, and prognostic factors. Arch Sexual Behav 21: 161–175
  11. Kanfer FH, Reinecker H, Schmelzer D (1996) Selbstmanagement-Therapie, 2. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo
  12. Kaplan HS (1974) The new sex therapy. Brunner/Mazel, New York
  13. Kaplan HS (1979) Disorders of sexual desire. Simon & Schuster, New York
  14. Kaplan HS (1995) Sexualtherapie. Ein bewährter Weg für die Praxis, 4. Aufl. Enke, Stuttgart
  15. Langer D (1988) Erektionssprechstunde für Soma und Psyche Sexualmedizin 17: 672–676
  16. Langer D (1988) Ein integriertes Konzept zur Behandlung von Erektionsstörungen. Niedersächsisches Ärztebl 7
  17. Langer D (1989) Sexualberatung ist Psychotherapie! Sexualmedizin 18: 520–524
  18. Langer D, Hartmann U (1992) Psychosomatik der Impotenz. Enke, Stuttgart
  19. Levine SB (1992) Sexual life. A clinician's guide. Plenum, New York
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Autor: C. G. Stief, U. Hartmann, K. Höfner, U. Jonas (Hrsg.)
Quelle: Erektile Dysfunktion Diagnostik und Therapie